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Rodeln: "Protz" in Peking - Loch und Geisenberger fremdeln mit Olympiastätten

Bau des National Sliding Centre im Norden Pekings (© AFP/SID/GREG BAKER)Natalie Geisenberger und Felix Loch starten in China ihre Weltcup-Saison - und wundern sich über riesige Olympiastätten.

Peking (SID) - Natalie Geisenberger und Felix Loch starten in China ihre Weltcup-Saison - und wundern sich über riesige Olympiastätten: Während die Welt über Nachhaltigkeit spricht, veranstaltet Peking "überdimensionale" Winterspiele.
Peking/Köln (SID) Am Anfang war ein "wow", das geben beide gerne zu. Natalie Geisenberger und Felix Loch standen vor dieser riesigen neuen Eisrinne in den Bergen von Yanqing, und sie waren beeindruckt von den Dimensionen. Die Rodler absolvieren dort am Wochenende ihren Weltcup-Auftakt, keine drei Monate vor den Winterspielen sind sie so etwas wie die Vorhut für Athleten aus aller Welt - und in die anfängliche Ehrfurcht haben sich längst andere Gefühle gemischt.
Was für den anstehenden Olympiawinter in und um Peking aus dem Nichts erschaffen worden sei, "das sehe ich schon kritisch", sagt Loch im Gespräch mit dem SID. "Übertrieben und überdimensional" sei es, "das ist Protz, um der Welt zu zeigen, was sie können."
Und es wirkt ja durchaus, Loch will da gar nicht heucheln. Auf fast zwei Kilometern schlängelt sich das Yanqing Sliding Center den Berg herunter, die Form soll an einen chinesischen Drachen erinnern, "es schaut schön aus", sagt er. Auch fahrerisch gefällt Loch diese Bahn, auf der er im Februar sein drittes Einzel-Gold gewinnen will. Am Samstag rodeln hier die Männer ihren ersten Weltcup aus.
Am Sonntag sind die Frauen dran, auch Geisenberger sieht die sportlichen Vorteile dieser komplett überdachten, hochmodernen Bahn. "Die Lichtverhältnisse sind immer gigantisch, auch unterschiedliche Witterungsverhältnisse fallen als Faktor komplett weg, beides macht den Wettbewerb fairer", sagt sie.
Das alles sei schön und gut - das Problem allerdings ein völlig anderes. "Und es geht dabei nicht nur um die Rodelbahn, sondern um alle Sportstätten hier", sagt Loch: "Es passt einfach nicht mehr in die Welt, die sich ja gerade über Nachhaltigkeit Gedanken macht." Auch Geisenberger stellt die Frage, "wie es mit der Bahn nach Olympia weitergeht, was das alles kostet, wie das in einem Verhältnis steht".
In seiner Agenda 2020+5 hat sich das Internationale Olympische Komitee (IOC) längst auf die Fahnen geschrieben, schon bei der Vergabe der Spiele nachhaltigere Lösungen zu finden. Peking passt da nicht ins Bild, Mailand und Cortina d'Ampezzo 2026 umso mehr.
"Alles immer wieder komplett neuzubauen, das geht einfach nicht", sagt Loch, "und das braucht man nicht. Warum gehen wir nicht nach Lillehammer und bringen dort die Olympiastätten wieder auf Vordermann. Das wäre auch für den Nachwuchs in diesen Wintersportländern ein Riesengewinn. Das ist etwas, was man unbedingt machen muss."
Die "Riesenhallen, die Säulen, der ganze Beton" in Peking müssen dagegen eher nicht sein, findet Geisenberger - und muss lachen: "Das klingt jetzt alles so negativ. Es ist schon wow. Aber ist es das Wow, das der Sport braucht?"


Bild: Bau des National Sliding Centre im Norden Pekings (© AFP/SID/GREG BAKER)